
Diese kleine Geschichte ist etwas ganz Persönliches und Intimes von mir. Ich hoffe, du behandelst sie mit genauso viel Würde, wie dieser kleine, für mich jedoch bedeutende Beitrag es verdient.
Dein Brian
Es gibt Momente im Leben, die alles verändern. Momente, die so intensiv sind, dass sie einem die wahre Bedeutung von Angst und Freiheit aufzeigen. Ich erinnere mich an eine solche Situation - ich war gerade 20: Mein persönlicher Rock-Bottom Moment - Tauchen in Venedig, 16 Meter unter Wasser, aufgewirbelter Dreck, zwei Meter Sichtweite.
Was als schöner Ausflug geplant war, wurde für mich zur emotionalen Hölle.
Als ich realisierte, dass ich auf dem Meeresgrund „festhing“, überschlug sich alles in mir. Noch nie zuvor gefühlte Panik. Überlebensangst.
„So etwas passiert mir doch nicht“ – hätte ich dir eine Stunde vorher gesagt.
Eine Woche später war ich spazieren in meiner Heimat, in der Nähe des Hafens. Ich sah das Wasser und plötzlich: Crashout. Ich sackte zusammen. Keine Kontrolle mehr. Darauf folgten tagelange Untersuchungen im Krankenhaus. Man vermutete einen körperlichen Ursprung.
Dieses Erlebnis war der Beginn eines Weges, der mich tief in meine eigene Psyche führte und mein Leben für immer veränderte.
Da war nichts mit Selbstreflexion in meinem Leben. Ich habe einfach gelebt. Aber was ich nicht wusste: wie beschissen ich eigentlich gelebt habe.
Auch wenn das einer der schlimmsten Momente meines Lebens war, bin ich heute froh, dass er passiert ist.
Ich hätte vermutlich sonst zu der Sorte Mann gehört, die nie hingeschaut hätte. Die immer wieder in Selbstisolation die Kontrolle versucht aufrechtzuerhalten, sich in Sport oder anderen Süchten verfängt, die Fehler bei anderen sucht, keine wirklich tiefen Bindungen eingehen kann. Vermutlich wäre ich trotzdem in irgendeinem Bereich erfolgreich geworden und hätte dann mit 50 realisiert: Ist das wirklich mein Leben? Wer bin ich eigentlich ohne meine Arbeit? Wieso haben meine Kinder dieselben Probleme wie ich? Was ist der Sinn hier? Fragen, die vielleicht durch einen Burnout oder andere Symptome ausgelöst worden wären.
Und würdest du mich dann fragen, würde ich dir immer erzählen, dass es irgendwie läuft und vorangeht. Doch deep down eine Leere fühlen. Bedürfnisse, die ich so weit weggepackt habe, weil ich mich nicht spüren kann. Weil ich nicht in Kontakt mit mir bin. Vielleicht klug, rhetorisch stark, ein Macher. Übernimmt Verantwortung für andere, und von außen sähe es so aus, als würde alles laufen.
Aber diese kleine Stimme in mir, die weiß, dass etwas nicht stimmt. Und 50 Jahre lang habe ich es dann weggepackt, unterdrückt und kompensiert.
Bis mein Körper dann irgendwann schreit, weil ich nicht auf meine Psyche gehört habe.
Ich gehöre dann zu den Besten! Im Wegschauen. Aber das Leben wollte wohl, dass ich dieser Mann nicht werde. Ja – alles hat seinen Platz.
Zweieinhalb Jahre habe ich mit diesen Angstzuständen gelebt. Nachts aufgewacht und geschrien, geschwitzt, völlig am Ende. Angst vorm Schlafen, Angst vorm Rausgehen. Angst vor Konflikten. Angst vor Alkohol.
Vertrauen in den eigenen Körper? Verloren. Vertrauen ins Leben? Verloren. Ich hatte das Gefühl, verrückt zu werden.
Dann ist mein Papa gegangen. Nächster Rock-Bottom-Moment. Aber ich habe doch noch mit der Panik gekämpft? Es wurde mir alles zu viel. Ich bin in einen wochenlangen, halb-dissoziierten Zustand des Funktionierens gekommen.
Heute weiß ich: Ich war kilometerweit von mir entfernt. Aber das Erbe … und die Arbeit … und wie trauert man überhaupt?
Und dann, irgendwann, hat mein Körper gesprochen – sehr, sehr deutlich. Sechs Monate lang nicht länger als eine Woche gesund. Irgendwann wusste ich: Es MUSS etwas passieren. Das ist kein Leben mehr wert. Wenn es so weitergeht, verlasse ich wie ein Großteil meiner männlichen Verwandten diese Erde: viel zu früh.
Also auf Therapie.de einen Therapeuten rausgesucht. Alleine bei dem Gedanken: Scham, schwitzige Hände und leichte Panik.
Die erste Sitzung werde ich nie vergessen. Wie kontrollierend ich da saß. Wie viel Überwindung mich das gekostet hat … unfassbar. Ich schmunzle gerade.
Wöchentlich hingedackelt und gesprochen, gesprochen, gesprochen. Verhaltenstherapie. Ich habe gelernt, wie eine Panikattacke im Körper entsteht – also rein biologisch. Während mir das erklärt wurde, bekam ich wieder diese Angstgefühle.
Wann arbeiten wir mal daran? Seit zweieinhalb Jahren verbringe ich Stunden in Meditation, habe unzählige Bücher über Panikattacken und Ängste gelesen, immer in einem Notmodus, weil das triggert.
Der gewünschte Erfolg blieb aus. Auch wenn ich meinen Therapeuten sehr mochte. Mir wurde ein Buch empfohlen. Ich solle die Angst doch einfach annehmen und immer, wenn sie kommt, sie in die Arme schließen. Puh. Erkläre mal jemandem, wie der Frühling riecht.
Nachdem ich in diesen sechs Monaten das letzte Mal krank war, ließ ich mich untersuchen. Die Angst wurde ja stärker. Plötzlich entstanden neue Gedanken: Was ist, wenn etwas mit meinem Körper nicht stimmt? Ist mein Herz erkrankt? Das nächste Kapitel begann – und darauf folgte Arztbesuch nach Arztbesuch.
Und dann kam dieser eine Tag. Ein Tag, der alles veränderte. Ich erzählte einem der Ärzte von meinen Panikattacken. Seine Reaktion: „Ach, das kann man ja heutzutage gut behandeln.“
Bis heute kann ich nur erahnen, wie verdutzt ich diesen Mann angeguckt habe. Er erzählte mir, dass er als Arzt eine EMDR-Fortbildung gemacht hat. EMDR wird bei Trauma und belastenden biografischen Stressoren eingesetzt.
Er erzählte mir von einer Situation mit seinem vierjährigen Sohn. Der Junge hatte Angst vor Wasser (das kennen wir ja irgendwoher – oder, Brian? 😄) und konnte/wollte nicht in die Badewanne. Nach der EMDR-Intervention konnte er direkt ins Wasser, ohne Stress. Er sagte mir: Das dauerte zwei Minuten.
Ich habe das nicht geglaubt, aber ließ mir ein Post-it von ihm mitgeben. Darauf standen zwei Worte: EMDR – Wingwave.
Der Schüler war bereit, und dann erschien der Meister. Mein erster Emotionscoach/Therapeut. Ich werde nie, nie, niemals vergessen, was diese erste Sitzung mit mir gemacht hat. Ich bin danach nach Hause gefahren und habe drei Stunden geschlafen.
Nach dieser Sitzung war die Angst immer noch da. Aber es veränderte sich etwas. Ich hatte das Gefühl, als würde sich etwas ganz tief in meinem Betriebssystem verändern. Irgendwie schmeckte das Leben anders, ich nahm es anders wahr.
Ich wusste nicht mal genau, wofür das alles gut war, was wir da gemacht haben. Aber es funktionierte. Und mir war es vollkommen egal – ich hätte alles für Veränderung getan.
Wir haben die Tauchsituation verarbeitet – also die Gefühle, die dort entstanden sind.
Wenn ich damals „tiefe“ Trauer gespürt habe, fing ich an zu lachen. Das war mein Coping-Mechanismus. Damit konnte ich nicht umgehen, aber es wegzulachen ging immer.
Ich fing langsam aber sicher an zu verstehen: Das, was wir da machen, funktioniert. Aber nicht nur so ein bisschen, sondern richtig. Ich hatte etwas für mich entdeckt, das mein Leben vollkommen verändert hat.
Aber ich hatte auch einen verdammt guten Coach an meiner Seite.
Von Coachings hatte ich noch nie etwas gehört, und YouTube und Instagram waren davon noch nicht überflutet. Also hatte ich auch kaum Vorurteile. Ich wusste: Ich probiere es aus. In der Not greift man nach jedem Strohhalm.
Aus dieser Not wurde Inspiration. Von der ersten Sekunde an fand ich diese Arbeit so faszinierend. Dass ich mich danach NACHHALTIG besser gefühlt habe, war für mich eine echte Veränderung. Und mir kommen gerade die Tränen vor Dankbarkeit.
Endlich geht’s bergauf. Auf diesem Weg habe ich Männer kennengelernt, die zugleich weich, aber dennoch stark sind. Das war für mich unvorstellbar. Ich kannte nur Härte und Kontrolle. Doch gleichzeitig war ich so auf der Suche nach Vorbildern. Die habe ich in dieser Welt gefunden. Und heute bin ich einer davon.
Mein Nervensystem regulierte sich, Ruhe kehrte ein. Aufatmen. Ich erinnere mich noch genau an einen Moment auf der Autobahn Richtung Hamburg: Ich fühlte mich in mir, in meinem Körper zu 100% sicher. Das war ein Meilenstein.
Balance kehrte ein, und Schritt für Schritt wuchs der Drang, tiefer einzutauchen. Meine damaligen Programme wollten mehr: Was, wenn das Leben noch geiler werden kann? Ich wurde hungrig. Als mein Coach immer mehr verstand, wie interessiert ich bin, gab er mir eine Adresse in der Schweiz.
„Da kannst du das lernen – aber du brauchst ziemlich viel Geld dafür.“
Und dieses Geld hatte ich nur, weil mein Dad gegangen ist und ich geerbt habe. Ich sah die Chance und nutzte sie. Jeden Cent investiert. Kein teures Auto, kein anderer Luxus. Und das mache ich bis heute so. Zum Ende des nächsten Jahres werden es knapp 100.000 Euro sein.
Schritt für Schritt verstand ich die Kraft dieser Arbeit. Anfangs ließ ich mich ausbilden für meine eigene emotionale Welt. Doch es dauerte nicht lange, und ich habe mich wie zu Hause gefühlt. Die Arbeit mit Menschen. Vollkommen in Kontakt. Ich fing an zu coachen. In den Ausbildungen bis in die Nacht, wenn ich nach Hause kam: Freunde, Nachbarn – wirklich jeden. Trainiert, trainiert, trainiert.
Heute weiß ich: Puh, ich habe wirklich nur die Leute bekommen, die ich halten konnte. Aber es war alles richtig so.
Ich konnte mich auf eine wundervolle Beziehung einlassen und mein Herz öffnen. Meine Freundschaften wurden tiefer. Ich zog neue Menschen und Situationen an. Eine Entdeckungsreise. Ein vollständiges Ja zum Leben. Ganz neue Zustände, Gedanken und Emotionen. Ich sah andere Dinge in der Welt. Und jedes Mal, wenn ich das realisiert habe, bekam ich Gänsehaut.
Doch das Schönste sollte erst ein wenig später folgen…
Meine beiden älteren Schwestern waren bis zur Pubertät ein fester Bestandteil meines Lebens. Dann brach die Familie auseinander, vieles war unausgesprochen, und der Kontakt war lose.
Doch dadurch, dass wir unsere Themen aufgearbeitet haben, entstand etwas – das für mich größte Geschenk überhaupt.

Vorher waren Zusammentreffen und Kontakt oft angespannt, irgendwie unfrei. Man merkte: Es war immer etwas im Raum. Familientreffen waren manchmal der blanke Horror, weil so viel Anspannung in der Luft lag. Jeder von uns brachte seine eigene Geschichte mit, die untereinander und in sich sehr verstrickt war.
Der schönste Effekt dieses Weges:
Ich habe meine Geschwister „wiedergefunden“. Die beiden wunderbarsten Menschen auf dieser Erde. Genau so verrückt, liebevoll und bescheuert wie ich. Und heute bin ich sogar Onkel. Heute können wir einander liebevoll begegnen, uns umarmen, uns sagen, dass wir uns lieben. Man freut sich aufeinander.
Heute ist Mittwoch, während ich das schreibe, und morgen hat meine Mutter Geburtstag. Freitag sehen wir uns im kleinen Kreis, und es ist so eine Vorfreude da. Damals war es eher eine Pflichtveranstaltung. Heute meldet sich meine Schwester bei mir und ist total happy, weil sie ein cooles Geschenk für meine Mutter hat, und wir freuen uns wie kleine Kinder.
Darüber, dass wir erwachsen sind und trotzdem Spaß haben – wie kleine Kinder.
Erwachsene wieder zu Kindern machen, das ist mein Job. Und gleichzeitig trotzdem Verantwortung übernehmen zu können – aber nicht aus einem Schmerz, sondern für sich. Ohne Kampf und Anstrengung. Und verdammt, es gelingt so gut, weil ich diese Reise auch durchlaufen bin. Heute entsteht so viel aus einer Natürlichkeit. Wie bei Kindern, wenn man sie Kind sein lässt.
Ja, und der Weg dahin war oft unangenehm. Viele Dinge, die ich anerkennen musste und verändern durfte. Und wofür das alles? Für eine Persönlichkeit, die stolz auf sich ist, die lieben kann, genießen kann, Spaß haben kann, sich die eigenen Ziele erfüllt.
Was daraus entsteht?
Emotionale Freiheit (frei von Ort, Zeit, Menschen, Dingen)
Persönlicher Erfolg (Weil du weißt, wo dein Platz ist und du deine Bedürfnisse kennst)
Eine Tiefe (Das Leben beginnt ehrfürchtig, spannend, magisch zu werden)
Echte, tiefe Verbindungen (Heilsamer Kontakt)
Liebe (Zu dir selbst und der Welt)
Kämpfe gehen raus (Annahme wird dein Partner)
Spiritualität darf sein (Du empfindest dich als ein Teil von etwas Großem)
Vertrauen (Die tiefe Überzeugung, dass das Leben für dich ist)
Schöpferkraft (Du kreierst ununterbrochen, doch jetzt bewusst)
Der beste Coach bist du selbst. Und deshalb baue ich mit meinen Klienten ihre Ressourcen aus, damit sie exzellent in der Selbstführung werden.
Ich bin dieser Arbeit bis ins kleinste Detail so dankbar – EmTrace, der systemischen Therapie, dem NLP, EMDR und den Menschen, die mir das gelehrt haben.
Alles Konzepte, Lehrmethoden und Wege, um das eigene Leben schöner zu machen.
Aber wie geht das? Ist es das Wissen? Ist es irgendeine Methode?
Nein. Es bist Du.
Die Auflösung zu dem Eingangsbild: 4 Jahre ist es her. Meine Mutter, mein Stiefvater, die beiden Hunde und ich, waren an unserem Lieblingsort spazieren. Der kleine Junge in mir möchte immer noch überall raufklettern. Auf dem Bild siehst du mich auf einem Strohballen stehen. Meine Mutter steht unter dem Baum, im Schatten. Dieses Bild hat eine enorme Bedeutung für mich, nicht zuletzt, weil es nicht gestellt ist, sondern mein Stiefvater einfach fotografiert hat.
Warum es mir so viel bedeutet? Weil ich zu dieser Zeit angefangen habe, über mich hinaus zu wachsen. Und mich damit auch ein Stück weit von meiner Vergangenheit/meiner Mutter abgelöst habe. Das ist eine lebenslange Aufgabe. Ablösung bedeutet aber nicht "sich zu entfernen", sondern viel eher "sich abzunabeln" von einer infantilen/kindlichen Mutterbeziehung. So, dass man als Erwachsener gesunde und wahrhaftige Bindungen zu anderen Menschen, und auch zu sich selbst eingehen kann (Dazu findest du in den anderen Blogbeiträgen mehr).
Vielleicht konnte ich dich ein bisschen motivieren, dich inspirieren oder berühren. Dann war es schon ein voller Erfolg.
Danke für deine Zeit - das kostbarste Gut
Dein Brian
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