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Sexualenergie: Zwischen Begehren und Hingabe – wie sie dein Leben lenkt

Aktualisiert: 18. Apr.

Schwarzer Hintergrund mit weißen Punkten die sich technisch verbinden

In einer Welt, die von Verführung und äußeren Reizen geprägt ist, möchte ich dir heute eine andere Perspektive auf das Thema Sexualenergie eröffnen – eine, die weit über bloße Sexualität hinausgeht. Es geht um die Energie, die uns formt, die unsere Lebensfreude befeuert und unsere Schöpferkraft antreibt.


Überschrift #1: Scham, Schuld und Trauma

Überschrift #2: Selbsterhalt und Arterhalt


Überschrift #1: Scham und Schuld


Um das Thema Sexualenergie wirklich zu verstehen, dürfen wir drei zentrale Faktoren begreifen: Scham, Schuld und Trauma. Lass uns mit Scham und Schuld beginnen – zwei soziale Emotionen, die eine essenzielle Rolle im zwischenmenschlichen Erleben spielen und darüber hinaus als Kitt für Gesellschaften dienen.


Alles, was du dir heute erlaubst oder verbietest, hat irgendwo seinen Ursprung – meist in der Herkunftsfamilie. Werte, Regeln: „Als Indianer kennt man keinen Schmerz. Wenn du jetzt wütend wirst, ist Mama traurig. In unserer Familie macht man so etwas nicht.“ usw.


Es wird schnell klar: Diese Mechanismen entstehen vor allem in der Prägungsphase – im Alter von 0 bis 7 Jahren. In dieser Zeit werden die Hauptprogramme unserer inneren Festplatte geschrieben: Emotions- und Selbstregulation, Urvertrauen, Bindungssicherheit. Und natürlich auch unsere Prägungen in Bezug auf Sexualität. So früh? Ja!


Dabei vollzieht sich diese Entwicklung zunächst in nicht-sexuellen Erlebnissen und Erfahrungen – durch gegenseitiges Berühren oder Selbsterkundung, spielerisch und frei von Schuld und Scham. Es sei denn, das Familiensystem ist sexuell verengt und unterdrückend.


Was meine ich damit? Die Psyche versteht sich als Mehrgenerationenphänomen. Auch die Erlebnisse unserer Eltern und Großeltern beeinflussen uns.


(Yehuda, R. et al. (2016) – "Holocaust exposure induced intergenerational effects on FKBP5 methylation" - Van Ijzendoorn, M. H., Bakermans-Kranenburg, M. J. (2020) – "Genetic Differential Susceptibility to Parenting")


Überschrift #2: Selbsterhalt und Arterhalt


Sexualenergie sichert den Erhalt unserer Art. Der Selbsterhalt hingegen wird durch unsere Aggressionsenergie geschützt – doch das hat nichts mit Aggression im landläufigen Sinne zu tun. Vielmehr geht es um die innere Bereitschaft und Notwendigkeit, unser Selbst zu verteidigen und zu bewahren.


Aggressio kommt aus dem Lateinischen und wird abgeleitet von aggredī → ‚heranschreiten, angreifen'.

Frei übersetzt könnte man sagen: Aufeinander zugehen, seine Dinge klären.


Alles hat seinen Platz und dient unserem Überleben.


Aber was hat das nun mit meiner Sexualenergie zu tun? Eine Menge, denn Aggressions- und Sexualenergie sind untrennbar miteinander verbunden und bedingen einander. Gerät unser Selbst in Gefahr, reagiert der Körper mit Notfall-Stresssystemen – das autonome Nervensystem stellt Energie bereit.


All das geschieht auf einem Spektrum: Ist die Erfahrung zu intensiv, wird aus einer normalen Stressreaktion eine traumatische Reaktion. Einfach gesagt: Die bereitgestellte Energie erstarrt, die Erfahrung wird fragmentiert (im Sinneserleben) und unverarbeitet abgespeichert – betäubt, gelähmt, abgespalten, dissoziiert.


Muster einer traumatischen Reaktion:


  • Wahrnehmungsblockade - die betroffene Person befindet sich dann wie im Nebel oder unter einer Glasglocke


  • Das Wach-Bewusstsein wird vom Ich-Bewusstsein getrennt - die betroffene Person fällt in eine Außenbeobachtung


  • Persönlichkeitsanteile werden abgespalten - in Unterpersönlichkeiten. Ein Teil trägt die traumatische Erfahrung. (Huber 1995; Herman 2003; Putnam 2003)


  • Einfrieren der Gefühle: Taubheit und Emotionslosigkeit


Ist nun mein Selbst oder meine Art in Gefahr, reagieren wir mit entsprechend gelernten Stressreaktionen. Ist nun die Belastung zu intensiv, können Traumata entstehen.


Tabelle nach Franz Ruppert.

Trauma

Traumasituation

Zentrales Gefühl

Emotionaler Konflikt

Existenztrauma

Tödliche Bedrohung

Todesangst

Rückzug und Vermeidungsverhalten - Standhalten

Verlusttrauma

Verlust einer geliebten Person oder einer wesentlichen Lebensbedingung

Verlassenheitsangst

Festhalten der Gefühle oder Loslassen des Vergangenen

Bindungstrauma

Missbrauch oder Verletzung einer emotionalen Bindung

Verwirrung aller Gefühle, enttäuschte Liebe, ohnmächtige Wut

Allen Beziehungen misstrauen oder wieder auf Menschen vertrauen und lernen zu lieben

Bindungssystemtrauma

Moralisch und ethisch nicht zu rechtfertigende Taten

Scham und Schuld

Verbergen und Verheimlichen der Tat oder Übernahme von Schuld und Verantwortung

Die Erfahrungen aus meiner Arbeit mit Klienten decken sich erstaunlich gut mit dem Modell von Bernhard Voss. Erinnere dich an Scham und Schuld – sie wirken wie ein Deckel auf aufsteigende Impulse und erzeugen Spannungen, die sich entweder körperlich oder psychisch manifestieren. Wer hier tiefer eintauchen möchte, dem empfehle ich das Buch „Körperspuren“ von Bernhard Voss.


Psyche Modell Bernhard Voss
Voss Institut Hamburg

Überschrift #3: Sexualenergie im Fluss


Haben wir gelernt, unser Selbst und unsere Art zu erhalten und sind in einer Umgebung aufgewachsen, in der eine scham- und schuldfreie Atmosphäre in Bezug auf Sexualität herrscht, kann die Sexualenergie frei fließen. Stell dir das so vor: Du hast einen Pott voller Sexualenergie in dir, in deiner Lieblingsfarbe. Bei mir ist es Türkis. Die Sexualenergie (Libido) verleiht mir die Fähigkeit, die Dinge, die mir Freude, Genuss und Schönheit bringen, in einem wunderbar hellen Türkis einzufärben.


Was meine ich damit? Wir beide stehen in einem Garten. Du bewunderst die Schönheit der Natur und kannst sie genießen. Ich stehe dort und finde es extrem langweilig, kann damit nichts anfangen. Wo ist der Unterschied? Wir geben den Dingen ihre Schönheit und färben sie mit unserer Sexualenergie ein. Plötzlich ist der Garten nicht mehr nur ein Garten, sondern ein wahres Wunder der Natur. Vielleicht ist die äußere Welt ja nur eine Projektion unserer inneren Welt.


Ich habe viel davon durch Therapie und Coaching erfahren und konnte es nachträglich integrieren.


Dadurch sind unfassbare Dinge entstanden:


  • Lebensfluss

  • Kreativität

  • Hingabe

  • Schönheit

  • Genuss


Doch kippt diese Energie in den Schatten, also wird sie unterdrückt, verliert das Leben an Farbe. Dann suchen wir im Außen nach Bedürfniserfüllung und projizieren unsere Sehnsüchte, Wünsche und Konflikte auf andere Menschen, die Politik, die Nation usw. usf. Wenn zudem die Aggressionsenergie unterdrückt wird, weil wir oder unser Familiensystem entsprechende Erfahrungen gemacht haben, kann schnell Chaos entstehen. Aber dazu in einem anderen Beitrag mehr.


Fahrrad vor blauem Himmel

Überschrift #4: Fazit

Sexualenergie ist weit mehr als Lust oder Begehren – sie ist eine fundamentale Lebenskraft, die uns antreibt, unser Leben mit Genuss, Kreativität und Hingabe zu füllen. Wenn sie frei fließen kann, bringt sie Farbe in unser Dasein, stärkt unsere Verbindung zu uns selbst und zur Welt.


Doch genau hier liegt die Herausforderung: Scham, Schuld und unverarbeitete Traumata können diese Energie blockieren und zu unbewussten Mustern führen – von Kontrollzwang über emotionale Taubheit bis hin zu destruktiven Projektionen auf andere. In der Schattenseite zeigt sich Sexualenergie als Chaos, in der lichtvollen Seite als pure Schöpferkraft.


Es geht also nicht darum, sie zu unterdrücken oder zu glorifizieren, sondern sie bewusst zu verstehen und zu integrieren. Denn nur so können wir sie als das nutzen, was sie wirklich ist: Eine unerschöpfliche Quelle für Lebensfreude, Kreativität und tiefes Erleben.


Und natürlich wird dadurch auch das Sexleben besser.


 
 
 

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