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Gefährliche Partnerschaft: Narzissmus, Kollusion und das dynamische Duell

Aktualisiert: vor 3 Tagen

Zwei Gesichter die sich anblicken
"Narziss" bezieht sich auf den griechischen Mythos des Narziss, einem jungen Mann, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte und daran verging.

 Echo flüstert Narziss‘ Worte immer wieder, doch er hört nur das Echo seiner eigenen Stimme. Ein Sinnbild für das stille Abkommen zwischen ‘Täter’ und ‘Opfer’, das in uns allen wurzelt.


So kann aus einer anfänglichen „Traumhochzeit“ im Laufe der Zeit ein frustrierendes Spiel aus wechselseitiger Abhängigkeit werden. Die Partner ertappen sich dabei immer wieder bei den selben Streitthemen: Kritik am „zu viel oder zu wenig Engagement“ wird zum Dauerbrenner, ohne dass sich etwas ändert. Wie es oft für narzisstische Paare endet? Kränkungen, Enttäuschungen und das Gefühl, auf der Stelle zu treten.


Doch weshalb ein "Narzissmus-Opfer" näher am Täter ist, als es denkt, und welche typischen Kollusionen es gibt, erfährst du in diesem Blogbeitrag.


Kollusion ernüchtert, entmystifiziert.


Überschrift #1: Kollusion - Der stille Vertrag

Überschrift #2: Die narzisstische Paar-Performance als Paradebeispiel

Überschrift #3: Täter-Opfer Dynamik - die Doppelrolle in jedem von uns

Überschrift #4: Die sieben Masken der Kollusion

Überschrift #5: Kindheitsschatten als Quelle der Kollusion

Überschrift #6: Kollusion im Alltag: Vom Liebespaar zur Führungsetage

Überschrift #8: Aufbruch aus dem stillen Pakt: Praktische Schritte

Beziehung und Partnerschaft: Für mich immer ein Rätsel gewesen. Wie schaffen es Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg, eine erfüllende, respektvolle und wertschätzende Beziehung auf Augenhöhe zu leben - ohne auszubrennen, sich nicht mehr interessant zu finden, fremdzugehen, zu belügen usw. usf.? Wie du dir vielleicht denken kannst, war meine Perspektive auf Partnerschaften nicht nur positiv geprägt - in der Umgebung in der ich aufgewachsen bin, gab es wenig positive Beziehungsvorbilder. Was ich nachher verstand, lässt sich vereinfacht in einem Satz ausdrücken: Der Partner, den ich mir an meine Seite hole, ist auf dem Level meiner psychischen Bindungswunde - wir teilen uns eine ähnliche Geschichte, wenn auch nicht bewusst. Die Kollusion und der folgende Blogbeitrag wird das in der Tiefe erklären: Warum Partnerschaft kein Schicksal ist und in welche reinszenierenden Dynamiken wir geraten, aufgrund unser frühkindlichen Prägung.


Kollusion: Der stille Vertrag


Kollusion ist mehr als eine Rolle oder ein Beziehungsverhalten – sie ist ein heimlicher, oft unbewusster Vertrag zwischen zwei Menschen. In diesem Pakt bestätigen und erneuern sie gleichermaßen ungelöste Konflikte aus ihrer persönlichen Geschichte:


  • Stilles Einvernehmen: Keine explizite Absprache, vielmehr ein unausgesprochener Austausch von Bedürfnissen und Ängsten.

  • Gemeinsamer Ursprung: Beide teilen im Kern ähnliche Konfliktmuster (z. B. Angst vor Zurückweisung, Kontrolle vs. Ohnmacht), die sie unbewusst fortschreiben.

  • Symbiotische Aufrechterhaltung: Jeder gibt dem anderen, was er selbst vermeidet – so bleiben beide in einer Komfortzone, die echte Entwicklung blockiert.

Kollusion: „Tu mir nichts, ich tu dir auch nichts.“

Die narzisstische Paar-Performance als Paradebeispiel


Er (Täter): Strahlt Macht und Glanz aus, nährt sein grandioses Selbstbild durch Bewunderung.


Sie (Opfer): Sucht Nähe und Sicherheit, idealisiert ihn, um Früchte seiner Stärke zu ernten.


Gemeinsames Geheimnis: Beide haben in ihrer Vergangenheit ähnliche Erfahrungen gemacht – vielleicht Zurückweisung in frühen Beziehungen oder Kontrollverlust als Kind. Jetzt wiederholen sie diese Konflikte im Duo, aber in komplementären Rollen.


Drei Akte des stillen Vertrags


  1. Akt I – Verband der Idealisierung: Ein ungesagtes Übereinkommen, Schwächen zu übersehen und Glanzlichter zu verstärken.

  2. Akt II – Harmonie ohne Wachstum: Ein leiser Konsens verhindert Konflikt, während beide ungelöste Ängste bewahren.

  3. Akt III – Bruch der Illusion: Die alte Wunde drückt durch die Rollen und zwingt zur Konfrontation oder Trennung.


„Wenn du so schwach bist, darf ich so stark sein.“

Täter-Opfer-Dynamik: Die Doppelrolle in jedem von uns


In jeder Kollusion tragen wir Täter- und Opfer-Anteile in uns. Diese zwei Seiten unseres Ichs wählen wir je nach Situation:


  • Täter-Seite: Kontrolliert, manipuliert, reproduziert alte Machtkampf-Erfahrungen.

  • Opfer-Seite: Unterwirft sich, meidet Konfrontation, wiederholt frühkindliche Ohnmachtsgefühle.


Der innere Vertrag: Täter und Opfer in uns schließen stillschweigend Pakt, um ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit zu wahren – ein psychischer Sicherheitsgürtel, der Entwicklung verhindert.


Um es hart und klar auszudrücken: Als Opfer bist du Täter - nicht durch den ersten Blick oder im Außen - aber immer in der Beziehung zu dir selbst. Dadurch, dass du nicht hinschaust, dich nicht löst und anderen Menschen die Macht gibst, unterdrückst du dich selbst. Das Täter-Dasein ist damit sicher.


"Die Opferrolle bläht auf."
2 Hände die sich gegenüber liegen

Die sieben Masken der Kollusion

  1. Regressiv–Progressiv: Ängstliche Abhängigkeit trifft auf überverantwortliche Kontrolle.

  2. Orale Kollusion: Wiederholung von Versorgungs- und Hunger-Konflikten aus der Kindheit.

  3. Anal-sadistische Kollusion: Machtstreit aus frühkindlichen Autonomie- versus Gehorsams-Ängsten.

  4. Phallisch-ödipale Kollusion: Suche nach Bestätigung und gleichzeitige Unterordnung geprägt durch ödipale Konflikte.

  5. Narzisstische Kollusion: Grandiosität und bedingungslose Idealisierung speisen sich aus identischen Selbstwertdefiziten.

  6. Dunkle Triade/Tetrade: Machiavellismus, Psychopathie, Sadismus – verstärken Täter-Opfer-Spiele bis zur destruktiven Zuspitzung.

  7. Psychosoziale Arrangements: Familien-, Arbeits- oder politische Systeme übernehmen Kollusionsmuster als unsichtbare Betriebssysteme.


Kindheitsschatten als Quelle der Kollusion

Unsere frühesten Beziehungserfahrungen liefern den Konfliktcode, der in Kollusion wiederkehrt:


  • Verletzungen durch Zurückweisung führen zu Kontrollbedürfnis oder Ohnmachtsängsten.

  • Überfürsorge nährt Anspruchshaltungen und Abhängigkeiten.

  • Strenge Erziehung prägt den Kampf um Autonomie und Gehorsam.


Kollusion ist ein unbewusster Versuch, alte emotionale Wunden oder ungelöste Konflikte aus der Kindheit in neuen Beziehungen „nachzuspielen“ – in der Hoffnung, sie diesmal zu heilen oder zu vermeiden. 


Dabei werden jedoch oft dieselben schmerzhaften Muster wiederholt, statt sie wirklich zu lösen. Es ist ein paradoxes Schutz- und Reparaturversuch: Wir inszenieren vertraute Dynamiken (z. B. emotionale Vernachlässigung oder Machtungleichgewicht), um Kontrolle über das alte Gefühl von Ohnmacht oder Mangel zu gewinnen – scheitern dabei aber oft, weil wir in denselben Verletzungen gefangen bleiben.


Zwei Hände die eine Münze werfen

Kollusion im Alltag: Vom Liebespaar bis zur Führungsetage


  • Partnerschaft: Ein narzisstischer Partner und ein Idealiserer bilden ein unbewusstes Bündnis gegen eigenes Scheitern.

  • Führung und Mitarbeitende: Ein charismatischer Chef befeuert Unterordnung im Team, das Konfliktvermeidung zur Norm erhebt.

  • Familienbetrieb: Erhalt alter Familienmuster, indem Vater und Tochter alte Rollen verteidigen.

  • Coaching und Therapie: Klient und Coach umgehen gemeinsam heikle Themen, um alte Ängste nicht zu berühren.


In allen Feldern manifestiert sich derselbe stille Vertrag – Kollusion als zunehmend toxisches Bindemittel.


Kollusion im Love-Bombing: Der manipulative Tanz der wechselseitigen Abhängigkeit


  • Beide Rollen stärken das System


    • Love-Bomber: Überschüttet sein Gegenüber mit Zuneigung, kleinen Gefälligkeiten und Aufmerksamkeit. Sein Ziel ist es, Kontrolle zu gewinnen, indem er enge emotionale Bindung erzwingt.

    • Opfer: Spürt die starke Zuneigung und nimmt sie dankbar auf. Umgekehrt versucht es, diese neue Nähe zu bewahren und „zurückzugeben“, indem es selbst verstärkt Lob äußert und sich noch intensiver um den Love-Bomber bemüht.


  • Unbewusste Wechselseitigkeit


    • Weder Love-Bomber noch Opfer planen das Muster bewusst. Beide handeln aus ihrem je eigenen Bedürfnis heraus: Der eine nach Macht und Sicherheit, das andere nach Bestätigung und Nähe.

    • Dieses Zusammenspiel ähnelt einem Tanz, in dem jede Bewegung des einen unbewusst die nächste Bewegung des anderen provoziert – bis das Beziehungsgeflecht so stark verstrickt ist, dass ein Ausstieg erschwert wird.


  • Psychodynamische Mechanismen


    • Bedürfnisbestätigung: Das Opfer hat häufig einen ängstlich-ambivalenten Bindungsstil und sucht krisenbedingt intensive Nähe. Die starke Zuwendung des Love-Bombers trifft dieses Bedürfnis punktgenau.

    • Macht durch Abhängigkeit: Indem der Love-Bomber seltener oder unvorhersehbarer Zuneigung gewährt (intermittierende Verstärkung), erhöht er die Abhängigkeit des Opfers – dieses verharrt in ständiger Unsicherheit und versucht alles, um das nächste Lob zu erhalten.

    • Selbstverstärkende Spirale: Je mehr das Opfer um die Zuneigung ringt, desto mehr fühlt sich der Love-Bomber in seiner Position bestätigt und intensiviert sein manipulierendes Verhalten.


  • Typische Dynamik-Muster


    • „Goldener Käfig“: Das Opfer erlebt zwar viel Zuwendung – gleichzeitig wird es sozial isoliert (z. B. durch subtile Abwertung von Freund:innen und Familie), so dass die einzige emotionale Ressource der Love-Bomber ist.

    • „Schuld-Gewinn“: Zieht sich der Love-Bomber zeitweise zurück, fühlt sich das Opfer schuldig („Ich habe etwas falsch gemacht“) und unternimmt alles, um das Vertrauen wiederherzustellen.


Aufbruch aus dem stillen Pakt – praktische Schritte


  1. Vertragsentdeckung: Notiere dir unbewusste Absprachen und ergründe ihre Ursprünge in deiner Biografie.

  2. Rollenradar entwickeln: Achte auf Momente, in denen du in Täter- oder Opfer-Rollen schlüpfst.

  3. Konfliktkultur fördern: Sprich klar, was du brauchst, statt alte Muster zu bedienen.

  4. Selbstwirksamkeit stärken: Finde Aktivitäten, die dein Autonomie-Ich nähren.

  5. Professionelle Hilfe: Paartherapie, Coaching oder Supervision, um den stillen Vertrag aufzubrechen.


Kollusion hat weitreichende Folgen: Zwar wirkt sie kurzfristig oft positiv, langfristig hemmt sie jedoch das Wachstum beider Partner. Die vermeintliche Harmonie ist trügerisch. Denn durch Kollusion fehlen echte Lösungsversuche: Wichtige Probleme bleiben unausgesprochen und ungelöst. Studien und Beobachtungen zeigen, dass Paare mit solchen Mustern oft weniger individuelle Reife und geringere Beziehungszufriedenheit haben. (Quelle: National Library of Medicine - Oxford University)


Kurzum: Kollusion schafft ein Geflecht gegenseitiger Abhängigkeit, das anfänglich Sicherheit zu bieten scheint, aber später zu emotionaler Erschöpfung, Machtungleichgewicht und Entfremdung führen kann. Oft wird erst in der Krise deutlich, wie sehr beide Partner unbewusst an den alten Mustern festgehalten.


Abschied von Täter und Opfer: Wenn du den stillen Vertrag brichst, beendest du das Wiederholen alter Wunden und schaffst Raum für echte Nähe und Entwicklung.

Verletzte Menschen, verletzen Menschen.

Buchempfehlungen:


  • 1. Jürg Willi: Die Zweierbeziehung. Das unbewusste Zusammenspiel von Partnern als Kollusion

Wenn du mehr über Beziehungssysteme lernen möchtest, empfehle ich dir folgenden Blogbeitrag: Systemische Grundsätze

 
 
 

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