Männlichkeit vs. Weiblichkeit: Der Ursprung in einer verdrehten Welt
- Brian Neuhöfer

- 30. Juli
- 6 Min. Lesezeit

Wir leben im Jahr 2025 – und doch sind die Fragen rund um Männlichkeit und Weiblichkeit aktueller denn je. Alte Rollenbilder, gesellschaftliche Erwartungen und persönliche Erfahrungen prallen aufeinander und sorgen für Verwirrung, Unsicherheit und oft auch Schmerz.
In diesem Beitrag nehme ich dich mit auf eine Reise durch verschiedene Perspektiven – von systemischen Zusammenhängen über transgenerationale Prägungen bis hin zu meiner ganz persönlichen Suche nach dem, was es heute wirklich heißt, Mann oder Frau zu sein.
Überschrift #3: Warum haben wir Stress mit dieser Thematik?
Überschrift #5: Fazit
„Wenn wir weiterhin über männlich und weiblich im Sinne von Stereotypen sprechen, unterdrücken Männer ihre weichen Seiten und Frauen ihre kraftvollen – und genau dort beginnt das Problem.“
Eine Einschätzung - und damit meine Meinung
Ich bin ein Mann. Ein junger Mann. Seitdem ich volljährig bin, habe ich die Suche nach Männlichkeit und Führung intensiviert. Ich habe in Religion, Sporttrainern, Ausbildern und Ideologien gesucht. Immer auf der Suche nach Führung von Außen. In der Tiefe habe ich mir Papa (meine Männlichkeit) gewünscht, das war mir aber zu dem Zeitpunkt nicht klar. Das alles hat sich stark verändert, seitdem ich die unbewusste Beziehung zu meinem Vater aufklären konnte.
Warum ich dir das erzähle, hat folgenden Grund: Ich werde im weiteren Verlauf über Beobachtungen aus meiner Arbeit sprechen, die vielleicht kontrovers wirken, weil sie nicht dem Status Quo entsprechen. Vor allem die systemische und transgenerationale Perspektive. Aber dazu später mehr. Vielleicht hilft dir die Geschichte aus meiner eigenen Vita, um mir ein Vorschussvertrauen entgegen zu bringen. Es ist eben nicht nur Lehrbuch.
Qualitäten von weiblicher und männlicher Dynamik
Was ist schon männlich oder weiblich? Darum streiten sich die Gelehrten, Influencer und der Feuilleton-Teil der Zeitung schon lange. Und das darf auch so bleiben - die Frage ist nur: Wieso ist diese Frage überhaupt relevant heutzutage? Aber dazu später mehr.
Für mich hat das Weibliche und Männliche Aspekte und Qualitäten, jedoch außerhalb von sozialen Erwartungen. Diese Qualitäten finden wir jeweils im Mann und in der Frau. Zeitgleich. Jedoch unterschiedlich ausgeprägt. In meiner Philosophie ist beides gleichwertig - und ich kenne keinen Menschen, der seine Männlich- und Weiblichkeit integriert hat, der etwas anderes behauptet. Erst das eigene Abspalten sorgt für das Unterschiede-Suchende im Außen.
Und trotzdem gibt es fundamentale Unterschiede für mich. Das eine schließt das andere nicht aus. Nichts ist ohne sein Gegenteil.
Weibliche:
Das Fühlende
Annehmende
Hütende
Verstehende
Erhaltende
Empfangende
Verbindende
Männliche:
Das Führende
Erschaffende
Dienende
Zielgerichtete
Handelnde

Warum haben wir Stress mit dieser Thematik?
Radikaler Feminismus, toxische Männlichkeit, das Patriarchat. Ich beobachte bei (vor allem in meiner Generation) viel Unsicherheiten in Bindung, die sich dann durch fanatische Ideologien und Glaubenskonzepte im Außen zeigen.
Was aber wiederum nicht bedeutet, dass das alles falsch ist, wir keine gelebte Ungleichwertigkeit in der Geschlechterfrage haben, oder es strukturelle Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt. Meine Haltung wird im laufenden Text klarer.
Im Ursprung ist es einfach!
Stell dir die Familie wie ein inneres Dreieck vor: ein Kind ist zunächst sehr stark mit einer Bezugsperson verbunden – meist der Mutter. Doch irgendwann beginnt eine Bewegung. Eine feine, oft unbewusste Verschiebung. Für Jungen bedeutet das: Sie lösen sich innerlich etwas von der Mutter und richten sich auf den Vater aus – nicht im Sinne eines Bruchs, sondern als Weg in die eigene Identität.
Für Mädchen ist es häufig ein anderes Muster: Sie bleiben emotional stärker mit der Mutter verbunden, öffnen sich aber durch den Vater hin zu einer erweiterten Perspektive – etwa, was Autorität, Abgrenzung oder Handlungsspielräume betrifft.
Dieses „innere Wandern“ zwischen Bezugspersonen ermöglicht Kindern, sich selbst zu spüren, in Beziehung zu treten – und zugleich zu unterscheiden:
Wer bin ich? Wer möchte ich sein?
Kind | Ausrichtung (systemisch) | Funktion im System |
Junge | Innerlich hin zum Vater | Unabhängigkeit entwickeln, Rollenidentität aufbauen |
Mädchen | In Verbindung mit Mutter und über Vater | Inneres Gleichgewicht zwischen Nähe und Differenz schaffen |
Die Vaterfigur – ganz gleich ob biologischer Vater oder ein anderer Mensch, der diesen Platz hält – bringt eine neue Perspektive in die Mutter‑Kind‑Beziehung: Er schafft Raum, Unterschied, manchmal auch Reibung. Und genau das hilft dem Kind, sich abzulösen, ohne sich zu verlieren.
Mädchen müssen dafür nicht die Mutter ablehnen, und Jungen nicht gegen sie kämpfen. Vielmehr entsteht Entwicklung, wenn das Familiensystem genug Stabilität bietet, dass das Kind sich selbst in Relation zu beiden Bezugspersonen erleben darf.
Im Coaching arbeite ich oft mit inneren Bildern. Und eines davon ist die sogenannte „innere Triade“: Wir alle tragen in uns Spuren unserer primären Bezugspersonen.
Vielleicht kennst du das Gefühl, dich immer „zwischen zwei Polen“ zu bewegen – etwa zwischen Nähe und Unabhängigkeit?
Wenn du dich heute schwer tust, dich abzugrenzen oder in Beziehungen ganz du selbst zu sein, dann lohnt sich ein Blick auf diese frühen inneren Bewegungen:
Wem wolltest du als Kind gefallen?
Wem durftest du widersprechen?
Gab es in deinem System genug Raum für deine eigene Mitte?
Diese Fragen öffnen oft den Weg zu einem neuen Verständnis von Autonomie, Beziehung und innerer Balance.
Jetzt haben wir schon mal einiges an Wissen zusammengesammelt, um die Bewegungen hinsichtlich radikalem Feminismus, schwieriger Geschlechterfrage und "toxischer" Männlichkeit zu verstehen.
Transgenerationale Perspektive
Eine weitere Perspektive ist die Systemische. In der Arbeit mit Klienten und meiner systemischen Ausbildung ist ganz klar zu sehen: Wir sind geprägt durch Familienschicksale von Eltern, Großeltern- und Urgroßeltern. Ob sie uns bekannt sind oder nicht. Gehe Ich 2 Generationen zurück, finde ich Krieg, Mord, Vergewaltigung, Hunger, Flucht. Das geht nicht spurlos an Eltern, Kindern, Soldaten oder Mitwissenden vorbei.
Befund | Studie / Quelle | Relevanz für Nachweis |
Psychische Symptome (PTSD, Angst, Depression) | Holocaust-Nachkommen (G2 & G3), Ungarn (PubMed) | Direkter Effekt ohne eigene Traumata |
Epigenetische Spuren: FKBP5 / NR3C1 | Yehuda & Binder, Holocaust-Kinder (bmcpsychology.biomedcentral.com, PubMed, psych.mpg.de) | Biologische Stressverarbeitung verändert |
Genexpressionsprofile (Immun- & Stressgene) | Genome-weite Studie bei Holocaust-Nachkommen (PubMed) | Erweiterter molekularer Nachweis |
Syrien-Familien-Studie (3 Gen.) 2025 | Epigenetische Marker & beschleunigtes Altern (nypost.com, Reddit) | Rezent, anderer Kontext – bestätigt Beobachtung |
Systematischer Review (18 Studien) | BMC Psychology, 2025 (bmcpsychology.biomedcentral.com) | Solide Datenbasis über Kontext hinweg |
Wenn die Männlichkeit oder Weiblichkeit in meiner Ahnenkette mordet, vergewaltigt wird, flüchtet oder irgendeine Form von großer Not oder Tat leidet, hat es einen Einfluss auf mich.
Das 3-Generationen-Modell beschreibt, wie sich Lebenserfahrungen – besonders starke Belastungen oder Traumata – über drei Generationen hinweg auswirken können. Es geht dabei nicht nur um bewusste Weitergabe, sondern auch um unbewusste emotionale und körperliche Spuren, die in Familien weitergegeben werden.
Generation 1 (G1): Die Großeltern
Diese Generation erlebt ein prägendes Ereignis – zum Beispiel Krieg, Gewalt, Verlust, Flucht oder starke emotionale Belastungen. Das beeinflusst, wie sie fühlen, handeln und Beziehungen gestalten.
Generation 2 (G2): Die Kinder
Die Kinder übernehmen – meist unbewusst – emotionale Muster, Ängste oder Strategien der Eltern. Auch wenn sie das Trauma nicht selbst erlebt haben, wirkt es über die Beziehung und Erziehung auf sie weiter. Sie spüren zum Beispiel:„Ich darf nicht laut sein“, „Ich muss stark sein“, „Gefühle sind gefährlich“.
Generation 3 (G3): Die Enkel
Die Enkel tragen dann oft bestimmte Gefühle oder Verhaltensmuster mit sich herum, ohne zu wissen, woher sie kommen. Sie spüren vielleicht eine Schwere, Unsicherheit oder übermäßige Verantwortlichkeit – und merken: „Das gehört irgendwie gar nicht zu mir.“
Kein Wunder, dass Gen Z Probleme mit dem eigenen Geschlecht hat, wenn die weibliche- und männliche Ahnenkette getränkt von Tätern und Opfern ist.

Mann Mann und Frau Frau.
„Wenn der Mann zugibt, daß er die Frau braucht und erst Mann wird durch die Frau, und wenn die Frau zugibt, daß sie den Mann braucht und erst Frau wird durch den Mann, dann bindet sie diese Bedürftigkeit zusammen. Gerade, weil sie es zugeben. Dann bekommt der Mann von der Frau das Weibliche geschenkt, und die Frau bekommt vom Mann das Männliche geschenkt.“
Das ist eine wechselseitige Anerkennung, die Identität stiftet: Ein Mann wird erst wirklich Mann durch das Einlassen auf das Weibliche in sich selbst, und eine Frau wird erst wirklich Frau durch das Zulassen des Männlichen – nicht als äußere Rolle, sondern als innerer Pol.
Lässt der Mann die Frau, Frau sein, kann sie Frau sein, sofern sie ihre Weiblichkeit integriert hat. Das Gleiche gilt natürlich auch andersherum.
Fazit
Im Jahr 2025 sind starre Rollenbilder von Männlichkeit und Weiblichkeit längst überholt. Und trotzdem gibt es fundamentale Unterschiede. Wahre Größe zeigt sich erst, wenn wir den Mut finden, all unsere inneren Anteile anzunehmen – unabhängig von den Erwartungen der Gesellschaft.
Nimm dir jetzt einen Moment und stelle dir diese Fragen ganz ehrlich:
Welche „männlichen“ und „weiblichen“ Qualitäten hast du tief in dir verborgen?
Welche unsichtbaren Fäden deiner Familie ziehen heute noch an dir?
Denn die Wahrheit ist: Du kannst nicht vollständig und frei sein, wenn du einen Teil von dir verleugnest.
Es ist ein mutiger Schritt, diese innere Dualität zu integrieren – und darin liegt eine tiefe Kraft.
Lass diese Erkenntnis nicht nur eine flüchtige Idee bleiben. Erlaube dir, sie in deinem Herzen zu tragen.
Dein Brian
Mehr zum Thema Maske und Angst: Angst als Illusion


Kommentare