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Bedürfnisse: Warum es manchmal nicht mit aber niemals ohne geht

Autorenbild: Brian NeuhöferBrian Neuhöfer
4 Menschen auf einer Wiese

Warum es „nicht mit, aber niemals ohne“ geht.


Die Redewendung fasst eine wichtige Wahrheit zusammen: Oft sind wir gezwungen, Kompromisse einzugehen. Sei es im Beruf, in Beziehungen oder im persönlichen Wachstum – es gibt Momente, in denen nicht alle Wünsche und Bedürfnisse gleichzeitig erfüllt werden können. Trotzdem bleibt die Erfüllung unserer Kernbedürfnisse ein absolutes Muss.


Im Kern sind wir als Menschen darauf programmiert, unsere Bedürfnisse zu erfüllen – sie sind der Motor unseres Lebens. Alles, was wir tun, zielt letztlich darauf ab, das zu erreichen, was uns im Innersten antreibt: Sicherheit, Zugehörigkeit, Anerkennung und Selbstverwirklichung. Doch kennst du deine Bedürfnisse?


Oft kennen wir nur das, was wir nicht wollen. Diese negative Perspektive kann jedoch der erste Hinweis auf das sein, was uns fehlt.


Überschrift #1: Bedürfnisse

Überschrift #2: Übersteuerte Bedürfnisse und Symbiose

Überschrift #4: Ablehnung verstehen


 

Überschrift #1: Bedürfnisse


Was sind Bedürfnisse?


Bedürfnisse sind Triebfedern unseres Handelns. Sie lassen sich in grundlegende Kategorien einteilen:


  • Basisbedürfnisse: Diese umfassen physische Notwendigkeiten wie Nahrung, Schlaf und Sicherheit.


  • Psychologische Bedürfnisse: Hierunter fallen soziale Aspekte wie Zugehörigkeit, Liebe, Autonomie, Nähe, Anerkennung und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.


Während es in manchen Lebenssituationen möglich erscheint, auf gewisse Annehmlichkeiten zu verzichten, bleibt die Erfüllung unserer Grundbedürfnisse unerlässlich. Das bekannte Sprichwort „nicht mit, aber niemals ohne“ drückt aus, dass – auch wenn wir manchmal Kompromisse eingehen müssen – diese fundamentalen Bedürfnisse niemals gänzlich ignoriert werden können.


Denn was ist ein Bedürfnis, das auf eine bestimmte Weise befriedigt werden muss, anders als eine Forderung? - Johann Wolfgang von Goethe

Überschrift #2: Übersteuerte Bedürfnisse und Symbiose


Die wohl spannendste Frage in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse lautet: Dienen sie mir, und wie sind sie aufgeladen? Übersteuerte Bedürfnisse können uns lähmen. Dann bestimmen unser Verlangen, unsere Sehnsüchte, unsere Emotionen und Gedanken unseren Geist – und damit unser Leben. Sind sie durch Konditionierung oder Prägung entstanden? Sind wir symbiotisch mit unseren Eltern verstrickt und haben deshalb ein übersteuertes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Liebe oder Sicherheit?


Lass uns einen Blick auf das Thema Symbiose werfen. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Biologie. Das Bewusstsein über Symbiose hilft uns zu verstehen, warum Bedürfnisse oft übersteuert sind.


Symbiose = das Zusammenleben von Lebewesen verschiedener Art zu gegenseitigem Nutzen - "in Symbiose leben".

Ein Verlust- oder Existenztrauma kann ein Leben lang zu übersteuerten Bedürfnissen führen. Das ist leicht nachzuvollziehen, da es sich um ein einmaliges oder episodenartiges Geschehen handelt, das klar zu benennen ist. Ein übersteuertes Bedürfnis nach Sicherheit im Erwachsenenalter, wenn man in einem von Umweltkatastrophen gefährdeten Gebiet aufgewachsen ist, liegt nahe und ist für den Verstand leicht einzuordnen.


Für unsere Bindungssicherheit – ein entscheidender Faktor für Resilienz, Selbstwert usw. – sind zwei Begriffe ausschlaggebend: Sicherheit und Exploration, oder auch Autonomie und Nähe. Im Idealfall erhalten wir beides von unseren Bindungspersonen, insbesondere in der frühen Mutterbindung: den Schutz und die Nähe sowie ausreichend Raum für Autonomie und die Entwicklung einer eigenen Identität.


Wo ist der Ursprung einer symbiotischen Bindungsbeziehung?


Möglichkeits-Generationenmodell nach Franz Ruppert

Generation 1 erlebt ->

Existenz- und Verlusttrauma

In Generation 2 entsteht ->

Symbiosetrauma

Generation 3 erzeugt ein ->

Bindungssystemtrauma


Traumatisierte Eltern, die ihre eigenen traumatischen Erlebnisse nicht verarbeitet haben, spalten oft unbewusst schmerzhafte und widersprüchliche Anteile von sich ab, um sich vor überwältigenden Emotionen zu schützen. Diese abgespaltenen Anteile bleiben jedoch aktiv und wirken auf das Verhalten und die emotionale Ausstrahlung der Eltern ein. Kinder, die in solch einem Umfeld aufwachsen, nehmen diese unausgegorenen, oft widersprüchlichen emotionalen Signale wahr und beginnen, sich mit diesen abgespaltenen Anteilen zu identifizieren.


Die Ablösung von den Eltern ist eine lebenslange Aufgabe - Sandra Konrad

Im Kern liegt der Gedanke darin, dass das Kind, weil es in einer engen Bindung zu den Eltern steht, unbewusst die unerledigten und ungelösten Traumata der Eltern übernimmt, indem es sich identifiziert.


Dies geschieht in einem Versuch, eine Art „unvollständiges Bild“ des Elternteils zu ergänzen oder zu stabilisieren – indem es sich mit den abgespaltenen Anteilen verbindet, versucht das Kind, das emotionale Defizit des Elternteils zu kompensieren. Dadurch kann es zu einer symbiotischen Beziehung kommen, in der die Grenzen zwischen den Identitäten von Eltern und Kind verschwimmen.


Auswirkung von symbiotischen Bindungsbeziehungen zu der Mutter/dem Vater im Erwachsenenleben: In einer symbiotischen Beziehung sind die Partner extrem voneinander abhängig und fühlen sich verloren oder unvollständig, wenn sie getrennt sind. Die Partner verschmelzen miteinander und verlieren oftmals ihre individuelle Identität. Sie handeln und denken nur noch im Sinne der Beziehung und sprechen in "Wir-Form".


Psychologische Symbiose kann auf den ersten Blick als Ausdruck tief empfundener Verbundenheit und Nähe erscheinen – doch wenn sie zu einer vollständigen Aufgabe der eigenen Identität führt, entstehen Risiken wie emotionale Co-Abhängigkeit und das Verlustgefühl des eigenen Selbst. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Nähe und individueller Autonomie ist daher entscheidend, um Beziehungen erfüllend und stabil zu gestalten.


Straße zu einem Strand

Überschrift #3: Ablösung


Die Ablösung von den Eltern ist eine lebenslange Aufgabe. Viele der Bedürfnisse, die uns Heute lähmen oder leben, finden ihren Ursprung in der Bindungsbeziehung zu den eigenen Eltern. Unbewusst streben einige Menschen ein Leben lang einer "heilen" Kindheit nach - und suchen das in der Partnerschaft. Bedürfnisse, die uns die eigenen Eltern nicht erfüllen konnten, soll nun der Partner erfüllen. Das ist unmöglich. Selbst wenn sich eine anfängliche Symbiose anfühlt wie eine tiefe Verbundenheit, ist es nicht von Dauer.


Die Symbiose erzeugt ein Verschwimmen von Identität und klaren Grenzen. Beides Faktoren, die in einer funktional- und gesunden Partnerschaft wichtig sind. Doch es lohnt sich - die emotionale Abnabelung von den Eltern, bringt die Fähigkeit, unabhängiger, sicherer und freier zu werden - gleichwertige und ehrliche Verbundenheit zu anderen Menschen zu erleben und eine echte Identität auszubilden. Eigene Ziele zu verfolgen und Frieden mit der eigenen Biographie zu machen.


Überschrift #4: Ablehnungen verstehen


Unsere Abneigungen können uns oft mehr über uns selbst verraten, als uns auf den ersten Blick bewusst ist. Wenn wir es ganz herunterbrechen, wissen wir meistens genau, was wir nicht wollen – und genau darin liegt der Schlüssel zu dem, was wir brauchen.


Das klingt logisch, oder? Wenn man das so hört, würde man doch instinktiv zustimmen. Und genau hier liegt die Crux.


Haben wir kein Bewusstsein für unsere übersteuerten Bedürfnisse, tappen wir in eine Falle: „So bin ich eben, das ist mir einfach wichtig.“


Jetzt könnte man zu dem Entschluss kommen, die eigenen Ablehnungen als Kompass zu nutzen und das Leben so aufzubauen, dass bestimmte Situationen, Menschen und Verhaltensweisen vermieden werden – nur damit die (übersteuerten, dysfunktionalen) Bedürfnisse erfüllt werden.


Das funktioniert. Und viele Menschen fühlen sich damit scheinbar wohl.

Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch in der Frage: Bin ich damit wirklich glücklich? Ich glaube, das ist eine Illusion. Wir erzählen uns dann aus unseren Überlebensstrategien heraus, dass es okay ist.


Versteh mich nicht falsch: Der erste Schritt ist die Annahme dieser Strategien und das Erkennen der übersteuerten Bedürfnisse.


Um ein selbstbestimmtes Leben zu erschaffen, gehört es in meiner Philosophie jedoch dazu, die Fähigkeit zu entwickeln, sich die eigenen Bedürfnisse so gut wie möglich selbst zu erfüllen. Symbiose ist ein natürlicher Prozess, und es geht nicht darum, zwanghaft alle Bedürfnisse allein stillen zu wollen – das könnte wiederum eine Überlebens- oder Traumastrategie sein.


Vielmehr geht es darum, dass aus der Fähigkeit, sich selbst zu führen, wunderbare Dinge entstehen: echte und tiefe Verbundenheit mit anderen und mit sich selbst, Selbstbestimmtheit, Unabhängigkeit, Freude und Liebe.


Ein Partner zum Beispiel ist nicht dafür da, mir die Bedürfnisse zu erfüllen, die ich eigentlich von meinen Eltern gebraucht hätte.


Bewusstsein ist der Schlüssel
Haus in der Natur

Überschrift #5: Fazit


Letztlich zeigt sich: Dein innerer Kompass – die Summe deiner Bedürfnisse, Ablehnungen und wahren Wünsche – ist der Schlüssel, um in einer Welt voller Kompromisse deinen eigenen Weg zu finden. Es geht nicht darum, alle Wunden auf einen Schlag zu heilen oder perfekt zu sein, sondern darum, bewusst zu reflektieren, wie deine Bedürfnisse überhaupt entstanden sind. Viele unserer Sehnsüchte und Ablehnungen sind aus früheren Erfahrungen und symbiotischen Prägungen gewachsen – sie wurden aufgeladen durch Beziehungen, insbesondere in der frühen Kindheit.


Wenn du lernst, aus dem, was du nicht willst, klare Signale für das zu ziehen, was du wirklich brauchst, eröffnest du dir die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen und deine eigene Identität zu leben.


Und genau hier liegt der Schlüssel: Nicht nur alte Muster unbewusst fortzusetzen, sondern mit Bewusstsein zu entscheiden, was dich heute wirklich erfüllt.

Die Wahl liegt bei dir: Bleibst du an der Oberfläche, oder tauchst du ein in die Fülle deiner inneren Welt?


Die Kraft, dein Leben in Einklang mit deinen wahren Werten zu gestalten, liegt in deinen Händen.



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