Beziehungsführerschein: Wie du diese Prüfung für dein Dating bestehst
- Brian Neuhöfer
- 27. Mai 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Apr.

Ein liebevoller Apell an die eigene Bindungsdynamik
Interaktion und Verbindung zu anderen Menschen ist die Basis menschlichen Erlebens. Nur durch die Beziehung zu den Dingen, können wir uns erfahren. Wenn aber diese Beziehung vorbelastet ist, machen wir häufig einen entscheidenen Fehler: Wir suchen die Lösung auf der Verhaltensebene. Podcasts, Youtube, Flirtcoaches usw. bringen oft neues Bewusstsein mit sich. Das ist hilfreich, vor allem für die Selbstreflexion.
Oft suggerien sie uns aber Techniken. "Ich muss mich nur anders verhalten, um andere Menschen anzuziehen". "Ich verkaufe mich unter Wert, ich schreibe einfach 2 Tage nicht zurück".
Das Problem hierbei? Es entsteht nicht aus einer Natürlichkeit. Wie hast du deine beste Freundin/besten Freund kennengelernt? Hat sich das natürlich angefühlt? War da Freude? Und irgendwie hast du kaum etwas "gemacht"? Es ist entstanden.
Und wie geschieht es nun, dass im Kontext partnerschaftlicher Beziehung die Dinge oft schwierig werden? Eine der großen Antworten auf diese Frage, ist der Bindungsstil.
Hunderte Male gehört. Was bedeutet das aber konkret?
Dein Bindungsstil entspricht deinem inneren Arbeitsmodell von Bindung. Also wie verhältst du dich in Beziehungen? Hast du da Vertrauen? Kannst du Autonomie und Bindung gleichsam leben? Machst du dich emotional abhängig? Ziehst du immer wieder Sorte XY in dein Leben, obwohl kognitiv alles dagegen spricht?
Eine unserer Wunderwaffen des 21. Jahrhunderts: unsere Emotionen.
Stell es dir einfach mal vor: Du datest, du bist entspannt. Du bist bei dir. Du lebst Freude. Du bist im Vertrauen, dass das Höchste für dich ist, auch wenn es die Kennenlernenphase nicht übersteht. Du kannst dir selbst genügend Nähe geben, um auch mal alleine zu sein, ohne dich einsam zu fühlen. Du kategorisierst nicht jeden Sofort aus, sondern bist mutig und schaust durch eine klare und liebende Brille. Du kannst Menschen aktiv ansprechen und einen Datingframe klarmachen?
Wie würde sich das auf dein Dating auswirken?
Vermutlich ziemlich stark.
Die Wissenschaft sagt, dass über 78% der untereinander ausgetauschten Informationen unbewusst ablaufen. Das schubst das gesprochene Wort vom Thron.
Sprache und Kommunikation sind enorm wichtig und Verstehen sorgt für Verständnis.
Aber nur zu wissen, wie ich ticke und wie ich mich verhalte, löst nicht jedes Problem.
Wir alle wissen, dass einige unserer Verhaltensweisen nicht immer sonderlich klug sind. Aber vielleicht kennst du diese Momente: "Da war ich plötzlich nicht mehr ich selbst", da erkenne ich mich kaum wieder".
Und genau in diesen Momenten wird es spannend, weil Entscheidungen und Gedankenvorgänge stark autonom und unbewusst gesteuert werden.
Stell es dir so vor: Die ersten sieben Jahre deines Lebens sind wie das Programmieren einer Festplatte. In dieser Zeit werden sämtliche Programme in Form von Nullen und Einsen installiert. Diese Programme bestimmen, wie du mit Herausforderungen umgehst, wie du in Notsituationen reagierst und wie frei du dich entfalten kannst (auch im Dating).
Wenn nun eine neue Situation auftritt, die nicht auf deiner "Festplatte" vorhanden ist, oder wenn eine Situation auf ein Programm trifft, das durch frühkindliche Schuld- und Schammechanismen belastet ist, wirst du nicht in der Lage sein, Leistung abzurufen, bzw. dich in der Situation so zu zeigen, wie du es eigentlich gerne hättest.
Du bist in einer für dich herausfordernden Situation. Nehmen wir an, du hast Prüfungsangst bzw. bist immer nervös vor deinem ersten Date. Die Situation tritt ein, und im entscheidenden Moment passiert Folgendes: Du greifst auf die Qualität deiner Systeme zurück (Nullen und Einsen). Dein Unbewusstes gleicht die Situation ab und reagiert entsprechend mit der Reaktion, die du (meistens zwischen 0 und 7 Jahren) gelernt hast.
Wenn diese Reaktion unterstützend ist, hast du kein Problem.
Ist die Reaktion jedoch belastet durch Situation und Emotion, kannst du deine Leistung nicht abrufen (dich nicht so leben wie du möchtest).
Um diese Programme von 0 und 1 zu verändern, braucht es einen tieferen Ansatz. Lesen, Meditieren und Vorbereitung sind hilfreiche Techniken. Für einige Herausforderungen wirken sie jedoch wie ein Schraubenzieher. Und um die 0 und 1 Programme zu verändern, braucht es einen Radschlüssel.
Wie der Radschlüssel aussehen kann und wie man konkret das innere Arbeitsmodell von Bindung verändert, findest du in guten Coachings oder Therapie.
Was wir oft verwechseln: Emotionen sind nicht immer laut, panisch, zornig oder deprimierend.
Unbewusste Emotionen laufen im Hintergrund wie das Rauschen eines Fernsehtestbilds. Man fühlt sich nicht richtig oder man ist minimal desorientiert, leicht verwirrt, lethargisch oder hat keine Energie. Oft sind diese Zustände sehr leise, bestimmen aber einen Großteil unseres Lebens. Dasselbe gilt für unsere Kommunikation..
Es gibt keine kognitiven Gespräche, denn du hast immer einen emotionalen Zustand. Ob geprägt durch angenehme oder unangenehme Emotionen: Auch Flow und Fokus werden bestimmt durch deinen emotionalen State.
Menschliches Erleben und damit auch die Kommunikation wird im Kern immer von unseren Zuständen beeinflusst. Wirf doch nur mal einen Blick in eine politische Talkshow. Dort kämpfen aufgeladene Überzeugungen miteinander und die "Argumente" sind oft an zweiter Stelle.
Wenn nun die Wissenschaft belegt, dass ein Großteil unseres Verhaltens, unserer Gedanken und Emotionen durch das Unbewusste gesteuert werden, was tun?
Mach dir dieses Große, Magische und Weise zu deinem Freund. Unbewusste Affekte machen nur dann Stress, solange sie unbewusst sind.
Mein Ansatz? Durch körperbezogene Arbeit, die emotionsaktivierend wirkt, verändert sich nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch der emotionale Zustand. Und genau das hilft im Dating. Den anderen so sein lassen können, wie er ist - und sich selbst die eigenen Bedürfnisse erfüllen zu können. Ein schöner Garant, dass keine Abhängigkeiten entstehen.
Am Ende geht es nicht darum, noch mehr Dating-Tipps abzuarbeiten oder sich in Verhaltens-Tricks zu verstricken, sondern dein eigenes, inneres Beziehungsmodell zu ehren und behutsam zu verändern. Erinnere dich daran, dass all die Programme aus deiner Kindheit dich zwar geprägt haben, aber nicht für immer bestimmen müssen, wie du liebst, kommunizierst und lebst.
Mein Apell an dich:
Spüre deine Emotionen – auch die leisen, kaum hörbaren.
Erkenne die alten Bindungsmuster, die dich unbewusst steuern.
Vertraue auf deinen Körper und dein Herz, wenn du dich in Beziehungen begibst.
Nimm an, was dir nicht mehr dient, damit es dich loslassen kann und öffne dich für einen Neubeginn mit dir selbst und anderen.
Wenn du den Mut hast, deine unbewussten „Festplattenprogramme“ aufzubrechen, schaffst du Raum für echte Nähe, Selbstbestimmung und erfüllende Begegnungen. Du darfst frei lieben – fang heute damit an!
Dein Brian
Quellen
(VRdS) und (DPRG): „Welchen Anteil haben Text, Erscheinungsbild des Redners, Betonung und Gestik an der Gesamtwirkung eines Vortrags?“, 2006, in https://www.vrds.de/PDF/mitglieder/VRdS_DPRG_Studie_Wirkungsweise_Rede.pdf
Carl Gustav Jung: Die Beziehung zwischen dem Ich und dem Unbewußten (1928) sowie: Über die Psychologie des Unbewußten (1943), beide in: Gesammelte Werke, Bd. 7:
Zwei Schriften über Analytische Psychologie, Walter, Olten/Freiburg 1995, ISBN 3-530-40082-3.
Carl Gustav Jung: Die Dynamik des Unbewußten. Olten 1967.
Hannah Monyer, Frank Rösler, Gerhard Roth u. a.: Das Manifest. Elf führende Neurowissenschaftler über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung. In: Gehirn und Geist. Nr. 6, 2004, ISSN 1618-8519
Bowlby J (1988): A Secure Base: Parent-Child Attachment and Healthy Human Development. Basic Books, New York Grossmann K, Grossmann KE (2006): Bindungen - das Gefüge psychischer Sicherheit. Klett-Cotta, 4. Aufl.
Das Nennen von Quellen wäre schön! Hier mal eine kleine Kritik an der Aussage 90% der Kommunikation wären Nonverbal.
Konkrete empirische Studien in dem Bereich sind äußerst komplex. Ihre Ergebnisse lassen sich nicht verallgemeinern. Umso erstaunlicher ist es, dass seit Jahrzehnten vor allem unter Rede-Coaches in diesem Zusammenhang immer wieder Untersuchungen des iranisch-US-amerikansichen Psychologen Albert Mehrabian angeführt werden, um die überragende Bedeutung nonverbaler Komponenten bei Reden und Präsentationen zu unterstreichen. Mehrabian belege in seinen Arbeiten, so heißt es oft, dass im Hinblick auf die Wirkung einer Rede dem Inhalt nur ein Anteil von 7% zukomme, 93% aber den nonverbalen Komponenten Stimme (38%) und Körpersprache (55%).
Die Formel ist bestechend: 7% Anteil des Inhalts, 38% der Stimme, 55% der Körpersprache an…